Der Deutsche Orden

Deutscher Orden (Deutscher Ritter-Orden, Deutschherren; lat. Fratres Ordinis Theutonici Sanctae Mariae in Jerusalem), jüngster der 3 großen, im Hl. Land entstandenen Ritterorden des Mittelalters (Templerorden, Johanniterorden), durch seine Wirksamkeit im Mittelmeerraum, im östl. Mitteleuropa und im Hl. Römischen Reich von umfassender Bedeutung für die europäische Geschichte.

aus: Meyers Enzyklopädisches Lexikon

Verfassung und Aufbau des deutschen Ordens

Die Statuten des Deutschen Ordens gliedern sich in Regel, Gesetz und Gewohnheit. Die der Templer- und der Johanniterregel nachgebildete Deutschordensregel unterscheidet Ritter und Priester als vollberechtigte Brüder einerseits, dienende Brüder und (ohne volle Gemeinschaft des Ordens) Schwestern andererseits und verlangt von den Ordensangehörigen die 3 Mönchsgelübde (Keuschheit, Armut und Gehorsam).

Abzeichen des Deutsche Ordens war ein schwarzes Kreuz, ursprünglich mit schmalen, gleichlangen Balken, das auf dem weißen Ordensmantel getragen wurde. Oberhaupt des Ordens war der Hochmeister (Magister generalis).

Die gesetzgebende Gewalt, Wahl und Aufsicht über die Amtsführung des Hochmeisters lag beim Generalkapitel. Der Hochmeister war an den Beirat der 5 Großgebietiger gebunden. Diese waren der Großkomtur (ursprüngl. Komtur des Haupthauses in Akko; in der Regel der Statthalter und Vertreter des Hochmeisters), der oberste Marschall (zuständig für das Heerwesen), der Treßler (Verwalter der Ordenskasse, Schatzmeister), der Trapier (Leiter des Bekleidungswesens) und der Spittler (Vorsteher des Spitalwesens).

Ordensrechtlich dem Hochmeister untergeordnet, polit. ihm vielfach nebengeordnet, waren die Provinzialoberen (Deutschmeister, Landmeister in Livland und [bis 1309] Preußen).
Größere Ordensgebiete waren als Balleien unter einem Landkomtur zusammengefaßt. Kleinste Einheit der Ordensverwaltung war die Kommende oder Komturei, die einem Komtur (commendator) unterstand, der in der Regel auf einem Haupthaus mit einem Konvent von 12 oder mehr Ritterbrüdern oder einigen Priesterbrüdern saß.

Zur Verwaltung und wirtschaftlichen Nutzung seines Besitzes hat der Deutsche Orden ein sehr fortschrittliches Beamtenwesen geschaffen.

aus: Meyers Enzyklopädisches Lexikon, München 1972, Bd. 6, S. 640 ff.

 

Der Deutsche Orden in der Geschichte

So ließen sich, fragt man so kurz wie möglich nach dem Anteil dieses Ordens an der deutschen Geschichte, vier Sachverhalte benennen.

  • Der erste wäre der Beitrag der Deutschen zu den Kreuzzügen. Hier hatte der Orden einen führenden Anteil.
  • Der zweite wäre die adlige Kirche im Reich - von den Anfängen des Ordens bis zum Ende des Reichs im Zeitalter Napoleons. Hier war der Orden eines der Fundamente.
  • Der dritte Sachverhalt wäre die Schaffung des Ordensstaates in Preußen sowie auch von Strukturen in Livland, die dort bis 1945 das Leben prägen sollten und in ihrer Nachwirkung - etwa in den Republiken Lettland und Estland - noch gegenwärtig spürbar sind.
  • Der vierte Sachverhalt schließlich wäre die gewissermaßen posthume Wirkung des Ordens in Preußen, der Umstand, daß es kein Zufall war, sondern etwas mit dem Deutschen Orden zu tun hatte, wenn der brandenburgische Gesamtstaat schließlich den Namen Preußen führte. Dabei muß allerdings zwischen den tatsächlichen Fortwirkungen dessen, was der Orden in Preußen bewirkt hat, und dem getrennt werden, was das 19. und 20. Jahrhundert als eine historische Ideologie geschaffen haben. Die indessen läßt noch einmal erkennnen, welcher Rang dem Orden in der deutschen Geschichte zukommt.

aus: Kulturelle Arbeitshefte 27:
Hartmut Boockmann, Der Deutsche Orden in der deutschen Geschichte

 

Der Deutsche Orden an der Bergstraße, dem Neckar und im Odenwald

Der Deutsche Orden war hier schon im Jahre 1277 sehr begütert, und es bestand schon damals eine Deutschordens-Commende in Weinheim. Vielleicht kamen diese Güter von einem Deutschmeister her, der sich Gerhard von Hirzberg nannte und aus der Burg Hirzberg bei Leutershausen stammte, folglich sehr leicht auch in Weinheim Besitzungen haben konnte. Daß dieser aber wenigstens schon 1274 Deutschmeister war, erhellt aus einem Liebesgeschenk, welches er im gedachten Jahre den Stiftsfrauen zu Quedlinburg machte, indem er ihnen > volle Brüderschaft des Ordens und Theilhaftigkeit an seinen guten Werken und an dem Opfer des Blutes und Lebens seiner im heiligen Lande fallenden Brüder < [folgt in der Fußnote lateinischer Text]. - Das ehemalige Deutsche Ordhaus ist jetzt Amthaus. An der Stelle des Gärtchens im Hofe stand die Kapelle. Sie wurde vor wenigen Jahren erst abgerissen. Ein alter Stein in der Mauer nennt den Deutschmeister Wolfram von Nellenburg als ihren Erbauer. Es steht aber noch in Frage, ob dieser von 1350 herrührende Stein nicht aus der oben erwähnten, vor der Stadt gelegenen, alten Deutschordenskapelle später hierher gekommen seyn könnte. Noch sieht man in der Mauer mehrere Grabsteine und andere Reste.

aus: A. L. Grimm, Vorzeit und Gegenwart an der Bergstraße, dem Neckar und im Odenwald, 2. Aufl. 1828, S. 132f

 

Der Deutsche Orden in Weinheim

S. 49: "Ehe wir das 13. Jahrhundert verlassen, mögen zwei Tatsachen, die für die Geschichte Weinheims in der Folge von erheblicher Bedeutung waren, von denen aber erst in einem späteren Kapitel ausführlich gehandelt werden soll, ganz kurze Erwähnung finden: Die Gründung einer Niederlassung des Deutschen Ordens und die Errichtung eines Karmeliterklosters. Für die erstere läßt sich eine genaue Zeitbestimmung nicht geben; die früheste Erwähnung finden wir im Jahre 1273." ...

S. 451 ff.: Für alle Zeit ein ungelöstes Rätsel wird es wohl bleiben, ob es wahr ist, daß der Templeroden eine Niederlassung in Weinheim hatte. Zum mindesten aber muß es als außerordentlich unwahrscheinlich bezeichnet werden. ... Wollte man es gleichwohl vermuten, so dürfte man weiter annehmen, daß nach dem Abzug der Templer deren Besitzungen dem Deutschen Orden geschenkt worden wären, wie sie ja auch anderwärts teils diesem, teils dem Johanniterorden geschenkt wurden. Wahrscheinlicher ist aber, daß der Templerorden, wenn er überhaupt da war, schon früher aus Weinheim sich zurückzog, und daß sein Besitz vielleicht durch Kauf mittelbar oder unmittelbar an den Deutschen Orden kam, über dessen erste Erwerbungen, wie schon erwähnt, überhaupt keinerlei, also auch keine einer solchen Annahme entgegenstehenden Bericht vorhanden sind. Freilich müßte man dann auch erwarten, daß das Templerhaus die erste Behausung der Deutschherren in Weinheim gewesen wäre, was nachweislich nicht der Fall war.

Damit sind wir nun auf den Deutschen Orden gekommen. Die erste Urkunde, aus der seine Anwesenheit in Weinheim ersichtlich ist, ist eine solche aus dem Jahre 1273, in der dem Orden zugestanden wurde, für seine Herden, die seither mit dem Gemeindehirten gegangen waren, eigene Hirten zu halten, Sie läßt uns vermuten, daß er schon einige Zeit ansässig war, aber das ist auch alles. Vielleicht geht seine Anwesenheit in Weinheim auf das Jahr 1260 zurück, wo er auch in Heidelberg aufgenommen wurde, vielleicht auch nicht.

Wenn uns zu einer genauen Bestimmung der Zeit der Ankunft der Deutschherren alle Anhaltspunkte fehlen, so sind wir kaum viel besser daran hinsichtlich der Frage, woher sie kamen. Eine leise Vermutung läßt sich vielleicht auf zwei Urkunden des Jahres 1277 gründen, aus denen hervorgeht, daß das Weinheimer Haus des Ordens, vertreten durch den Komtur Sigelo, in Gemeinschaft mit dem Ordenshause Horneck Liegenschaften zu Sandhofen, Edigheim (Edingen) und Oppau besaß. So ist es wohl möglich, daß die Besetzung des Weinheimer Hauses vom Hause Horneck aus geschah, und daß zur Ergänzung des vermutlich noch unzulänglichen Weinheimer Besitzes Anteile aus Besitzungen des Hauses Horneck mitgegeben wurden. Doch kann es auch sein, daß Ordensherren aus verschiedenen Häusern nach Weinheim kamen, und daß auch von verschiedenen Häusern Besitzungen an die neue Weinheimer Niederlassung abgegeben wurden. So käme vielleich Sachsenhausen in Betracht, denn dem dortigen Ordenshause hatte Pfalzgraf Ludwig II. Besitzungen in Weinheim geschenkt; die Schenkung wurde 1305 noch von seinen Söhnen Rudolf und Ludwig bestätigt, aber es ist später von einem Besitz der Sachsenhausener Ordensherren in Weinheim keine Rede mehr, und so ist es ganz wahrscheinlich, daß dieser Besitz - vielleicht schon lange vor der Bestätigung von 1305 - an das Weinheimer Haus übergegangen war. Auch für die Besitzungen des letzteren an einigen andern Orten, die uns später genannt werden, ist zum Teil der Erwerb nicht nachzuweisen, und es kann sich also auch hier um Zuwendungen aus älterem Ordensbeitz handeln.

Natürlich ist nicht anzunehmen, daß der ganze Weinhimer Besitz von andern Ordenshäusern herrührte. Es wird vielmehr irgend eine neue Zuwendung daselbst wohl den Anlaß zur Gründung einer besonderen Niederlassung gegeben haben. Widder vermutet eine Schenkung des Hochmeisters Gerhard von Hirzberg, dessen Stammsitz in der Nähe, bei Leutershausen, war oder des Hochmeisters Burchhard Swende. Ob letzterer mit den Weinheimer Swenden zusammenhängt, konnte ich nicht feststellen; wäre es der Fall, so hätte die Vermutung viel für sich.

Vom Jahre 1300 ab begegnen uns mancherlei Erwerbungen des Weinheimer Hauses an Liegenschaften und Einkünften. Daß wir aus den zufällig erhalten gebliebenen Urkunden keinen Überblick über den Gesamtbesitz gewinnen können, ist selbstverständlich. Ein solcher wurde uns erst durch spätere Aufzeichnungen in Zinsbüchern usw. einigermaßen möglich. Danach besaß der Orden in Weinheim 12 ganze Huben, die meist bedeutend über das ursprüngliche Maß der einfachen Hube hinausgingen und im ganzen 665 Morgen umfaßten, ferner, nicht unverändert durch Jahrhunderte hindurch, aber auf kürzere oder längere Zeit, 73 1/2 Morgen Acker, wovon 24 im alten Kapellenhof, etwa 37 Morgen Weinberg, 48 Morgen Wiesen, einige Gärten, das Recht auf eine Holzgabe, wie sie der einzelene Bürger empfing, die niedere Jagd (auf Füchse, Hasen, Hühner usw.), Geldzinse etwas über 9 fl., sodann an weiteren Bezügen: Kapaunen 53, Hühner 7, Wachs 3 Vierling, Korn 3 Malter 1 Viernzel, Haber 6 Malter 3 Viernzel, Wein 1 Fuder, 4 Eimer, 12 Maß. An andern Orten besaß das Weinheimer Haus das Patronatsrecht zu Hohensachsen und Hilsbach, das halbe Gericht zu Oppau, Liegenschaften zu Hemsbach und Sulzbach, Unterliebersbach, Watzenau, Laudenbach, Hohensachsen, Leutershausen, Heddesheim, Käferthal, Feudenheim, Wallbronn. Ein Teil der vorgenannten Besitzungen ging wohl ab, ehe der Orden in den Jahren 1469 und 1485 zu Unterflockenbach 200 Morgen Wald erwarb. Zehntanteile besaß er zu Lützelsachsen und Großsachsen, Zinse und Abgaben in Geld, Geflügel, Wachs, Öl, Getreide und Wein bezog er in Hemsbach, Sulzbach, Unterliebersbach, Watzenau, Laudenbach, Lützelsachsen, Großsachsen, Hohensachsen, Heddesheim, Ladenburg, Mannheim, Käferthal und eine Reihe von andern, teils entfernten Orten. Die erste Wohnstätte des Ordens befand sich nicht innerhalb der Stadt, sondern ziemlich entfertnt jenseits der Weschnitz auf dem sog. Kapellhofe, aus dessen Namen man vielleicht, aber nicht unbedingt schließen darf, daß die bei der Behausung gewesene Kapelle älter war, als erstere selbst.

Im Jahre 1308 erst war es, daß die Neustadt "die erbern und die geistlichen Lude, die brudern des dutzschen Hues zu Winheim, die in dem cappelhofe wonent" zu Bürgern annahm, mit der besonderen Vereinbarung, daß ihnen zustehen sollte, eine Hofstatt in der Stadt zu erwerben und darauf "ein Haus, eine Scheuer, ein Viehhaus" zu erbauen, von welchem Anwesen sie dann der Stadt alljährlich 2 Pfund Heller reichen und dafür aller Dienste und Steuern ledig sein, aber gleichwohl Schutz und Schirm und Hilfe genießen sollten, wie andre Bürger. Im folgenden Jahre scheinen die Deutschherren schon in der Stadt gewohnt zu haben, wie aus einer Urkunde hervorgeht, mit welcher ihnen zu ihrem Haus ein seither öffentlicher Durchgang durch die Gärten und den Lustgarten der Stadt verliehen wurde. Es ist anzunehmen, daß das hier genannte Haus sich in dem mittleren Teil des nachmaligen Deutschordensanwesens befand, und daß der "Lustgarten" eine Anlage zwischen der inneren Stadtmauer und dem von ihr ziemlich entfernten Graben war. Im Jahr 1310 (8. Juni) verlieh dann Rudolf I. dem Orden noch eine Hofstatt, "die früher Vogt Konrad der Lange und zuletzt Peter Chopfermann gehabt". Das war vielleicht der untere Teil des Anwesens, am Steinweg, der später (1580) als "des Ordens Stall und Scheuer an der Straßen in der Stadt" bezeichnet wurde. Die Kapelle blieb vorerst draußen an der alten Stätte, aber im Jahre 1350 wurde auch sie verlassen, und es wurde eine neue im Anschluß an das Wohngebäude in der Stadt errichtet. Das Anwesen hatte auch damals noch nicht den ganzen nochmaligen Umfang, sondern es befand sich der obere, spätere als "des Ordens Hof" bezeichnete Teil noch im Besitz der Familie von Ulner und ging erst 1521 durch Kauf von dieser an den Orden über. Darüber, ob die Deutschherren, wie regelmäßg bei ihren andern Niederlassungen, auch zu Weinheim ein Spital eingerichtet hatten, ist nicht überliefert. Sollte es der Fall gewesen sein, so wäre zu vermuten, daß das nachmalige Gutleuthaus, das unmittelbar beim Kapellhofe lag, usrpünglich eine Ordensspital gewesen und erst später der Gemeinde überlassen worden wäre.

Die Weinheimer Kommende war eine der kleineren Niederlassungen des Ordens und offenbar stets schwach besetzt. Ja es scheint, daß außer den Trägern der notwendigen Ämter, dem Komtur und Trappierer, schon frühe im 15 Jahrundert zeitweise überhaupt keine weiteren Brüder zu Weinheim wohnten. Darauf deutet auch eine Nachricht, die uns sagt, das Weinheimer Haus sei ein solches "ohne Konvent". Im Jahre 1472 (27. April) wurde dann durch eine Verfügung des Deutschmeisters Ulrich von Leutersheim die Weinheimer Kommende mit allen ihren Gütern, Rechten und Gefällen dem Ordenshaus zu Sachsenhausen einverleibt. Eine unverbürgte Nachricht erzählt, dies sei geschehen, weil das Haus durch Krieg und Brand heruntergekommen gewesen sein, aber wenn es möglich ist, daß das Anwesen durch einen zufälligen Brand geschädigt worden war, so muß doch ernstlich in Zweifel gezogen werden, ob es durch die Kriege der letztvergangene Zeit irgend zu leiden gehabt hatte, da uns ja von Angriffen, die die Stadt erfahren hätte, nicht das Geringste bekannt ist. Es könnte sich also höchstens darum hnadeln, daß auswärtige Besitzungen des Hauses gelitten hatten und diese so in seinem Einkünften geschmälert war. Aber das Wahrscheinlichste ist, daß man auf die alten und jedenfalls dürftigen Gebäude keine großen Aufwendungen machen wollte, und daß sie ohne solchen den billigen Ansprüchen der Ordensritter, die da wohnen sollten, nicht mehr genügten. Ein Komtur und ein Trappierer waren auch fernerhin für das Weinheimer Haus stets ernannt, Aber meist hatte nur der Trappierer wirklich in Weinheim seinen Sitz, während das Amt des Komturs häufig von dem Sachsenhausener Komtur nebenher geführt wurde, ausnahmsweise auch von dem einer andern Kommende. Die ganze Verwaltung der zum Weinheimer Hause gehörigen Besitzungen und Rechte blieb aber in Weinheim, und sie war nicht ganz unbedeutend und erforderte ziemlich viel Personal, wie an anderer Stelle bereits gezeigt wurde.

Bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts führte der Trappierer lediglich mit Hilfe eines zum Gesinde gehörigen Schreibers die Aufsicht über die gesamte Wirtschaft; später finden wir einen Schaffner oder Keller, Von dem Grundbesitz auf Weinheimer Gemarkung wurde von vornherein ein Teil für den eigenen Bedarf des Hauses in Selbstbewirtschaftung behalten. und es scheint, daß dieser Teil später dem Keller gewissermaßen als Gehalt belassen wurde, aber mit der Last, den natürlich jetzt erheblich verringerten Bedarf des Hauses zu bestreiten. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts waren das die 24 Morgen Ackers auf dem alten Kapellhof, etwa 16 Morgen in verschiedenen andern Lagen, ein Garten, 8 1/2 Morgen Weinberg im Hubberg, sowie 25 Mahd Wiesen in verschiedenen Lagen. Auch hiervon konnte der Keller einen Teil in Bestand geben, nur nicht erheblich. Im übrigen waren die sämtlichen Güter regelmäßig in Bestand, und meist - wie insbesondere die 12 Huben - in Erbbestand verliehen. Gleicherweise waren auch die Besitzungen außerhalb Weinheims meist in Erbbestand gegeben.

aus: J.G. Weiß, Geschichte der Stadt Weinheim, 1911

Ein Brunnenfund des 14. Jahrhunderts in Weinheim

Bis zum Beginn dieses Jahrhunderts war die erste Siedlungsstelle des Deutschen Ordens in Weinheim nur aus wenigen Quellen bekannt und somit nur ungenau zu lokalisieren. Eine dieser Quellen ist die Darstellung der Ruinen der alten "Capelle bey Weinheim" auf einem Kupferstich von Lambert v. Babo (1790-1862), entstanden um 1830. Im Jahre 1846 wurden die noch vorhandenen Reste dieses Gotteshauses beim Bau der Bahnlinie Heidelberg-Darmstadt abgebrochen.

Erst 1913 konnte dann bei Bauarbeiten die Lage der Niederlassung des Deutschen Ordens genauer lokalisiert werden. Auf dem Gelände des ehemaligen Hübsch'schen Gartens in der Kapellenstraße wurden bei Ausschachtungsarbeiten Mauerreste sowie ein tiefer Brunnen freigelegt. Aus letzterem konnten zahlreiche Tongefäße, teilweise noch unversehrt erhalten, und als Besonderheit eine Feldflasche aus Blei geborgen werden; alle Gefäße fielen ihrem Besitzer beim Wasserholen in den Brunnen. Die Keramik datiert in die 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts und gibt in ihrer Zusammensetzung einen Einblick in die Formenvielfalt der Gebrauchsgefäße jener Zeit.

Im Jahre 1936 konnten bei Bauarbeiten weitere Grundmauern in der Kapellenstraße freigelegt werden. Damals wurden bei der Verlegung einer Leitung nahe der Einmündung der Weschnitzstraße mehrere Mauerstücke entdeckt und dokumentiert. Die mitgefundene Keramik steht in direkter Verbindung mit den Funden von 1913 und ist ihr zeitlich gleichzusetzen.

Beide Funde von 1913 und 1936 belegen für das 14. Jahrhundert die Anwesenheit des Deutschen Ordens im Bereich der heutigen Kapellenstraße, weitergehende Aussagen über Größe und Struktur der Niederlassung sind leider nicht zu machen.

Die Geschichte des Deutschen Ordens in Weinheim und Hohensachsen

Der Deutsche Ordenn in Weinheim

1273

 

Erste urkundliche Erwähnung: Pfalzgraf Ludwig II. gestattet dem Deutschen Orden in Weinheim, eigene Hüter für seine Herden zu bestellen. Die erste Ansiedlung des Deutschen Ordens befindet sich auf den Kapellenäckern nördlich der Weschnitz. Vielleicht gehört auch das spätere "Gutleuthaus" als Spital dazu; Kapellen- und Gutleuthausstraße erinnern heute noch daran.

Lambert von Babo hat die Ruine der Kapelle vor ihrem Abbruch im Zuge der Bauarbeiten zur Main-Neckar-Bahn gezeichnet.

1282-1290

 

Der Hochmeister des Deutschen Ordens in dieser Zeit, Burchhard von Schwanden, hat wahrscheinlich nicht dem Weinheimer Geschlecht der Swende angehört, obwohl viele Historiker immer wieder versucht haben, es zu beweisen.

1308

Die Pfalzgrafen Rudolf I. und Ludwig beurkunden die Aufnahme der Deutschordensherren als Bürger der Neustadt Weinheim. Ihnen wird das Grundstück zwischen Amtsgasse und Schlossergasse zugewiesen, das der Orden 1310 durch eine ihm vom Pfalzgrafen verliehene angrenzende Hofstätte erweitern konnte.

1350

 

Der Komtur Wolfram von Nellenburg, der die Weinheimer Kommende als Altersruhesitz zugewiesen bekommen hat, errichtet eine Marienkapelle, die er auch 1377 zu seiner Grablege bestimmt.

1359

 

Im pfälzischen Kopialbuch von 1359 hat sich eine Beschreibung der damaligen Baulichkeiten erhalten: "von dem steinhuse, do sie inne wonent und von irer Capellen und von irem Kirchhofe und von irer Keltern und von irme Hanhuse, das gegen irme Hofe übersted zwischen Johann Schultheißen Bachhuse und sinem stalle."

1381

 

Die erste Beschreibung der Deutschordensbesitzungen mit den Abgaben der Weinheimer Einwohner enthält das Lagerbuch von 1381. Der Großteil des Besitzes besteht aus 12 urprünglich dem Kloster Lorsch gehörigen Huben (= Hofstätten).

Ferner hat die Kommende einen Hof in Oppau und Gefälle (= Abgaben) in: Edigheim, Großbreitenbach, Großsachsen, Hemsbach, Heddesheim, Hohensachsen, Käfertal, Ladenburg, (Ober)- Laudenbach, Leutershausen, Lützelsachsen, Mannheim, Mörlenbach, Mundenheim, Niederliebersbach, Oberkunzenbach, Rittenweier, Ritschweier, Sulzbach, Unterflockenbach, Watzenhof.

1438

Die Weinheimer Kommende wird Kammerkommende, d.h. dem Deutschmeister zu dessen Unterhalt direkt zugeordnet.

1472

Die Kommende wird der Kammerkommende Frankfurt unterstellt.

2. Hälfte
des 15. Jh.

Aus dieser Zeit datiert die Kreuzigungsgruppe, die im Flur des Erdgeschosses eingemauert ist.

1494

 

Ein Mitglied des Ordens, das auf dem Anwesen seine letzte Ruhestätte findet, ist der Deutschordensbruder Othnarus Herz aus Tettnang. Seine Grabplatte mit dem Deutschordenskreuz im Wappen und dem Sterbedatum von 1494 steht im Toreingang des Museums.

1. Hälfte
des 16. Jh.

 

Am Erker des Gebäudes befindet sich das Wappen des Walter von Cronberg, der ab 1508 Komtur zu Frankfurt und später Hochmeister des Ordens ist.

1537-1539

Vermutete Entstehung der verlorengegangenen Glasfenster der Kapelle mit Wappen von Deutschordensmitgliedern.

1558

 

Im Zuge der Einführung der Reformation wird ein Teil der Altäre und Bildwerke auf Befehl des Pfalzgrafen Ottheinrich zerstört. Danach verwaltet nur noch ein Schaffner den Besitz des Ordens in und um Weinheim.

1590

 

Ein Grenzstein von 1590 mit dem Kreuz in der Mitte und der Inschrift " 1590 TO (= Teutsch Orden)" markiert den damaligen Besitz.

1710

 

Der Neubau des Verwaltungsgebäudes (auf den älteren Kellern) wird von Baumeister Peter Elias Berthold aus Neckarsulm ausgeführt. Die Bauinschrift am Erker lautet:
"Anno 1710/ Wurde Diesses hauß in seine Ruinosen/ gebaut drey stockhich völlig abgebrochen/ U: jedoch ohne Präjudik deß Dritten Stock=/ werks gerechtsame mit Dessen Eck: U: Seiten:/ ärcker in der Zwerchgassen zwey/ stöckhich, neu aufgeführet/ und Die Maalstätt der übrig/ berechtigten ärcker in/ denen fenster gesimmmern mit litt. E. gezeichnet." Weitere Informationen...

1711

 

Das Sandsteinrelief über dem Eingangsportal stammt von Georg Martin Bitterich, Bildhauer aus Mannheim, und wird 1711 abgerechnet. Es zeigt die Wappen des damaligen Hoch- und Deutschmeisters Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg.

1718

Ein Grund- und Aufriß der Kapelle sowie ein Inventar der Kirchengegenstände werden gefertigt.

1775

Schlußstein im Portal des Ordensgeländes in der Amtsgasse (heute verloren).

1809

 

Die Kommende Weinheim wird aufgelöst, der Besitz fällt an das Großherzogtum Baden.
Die nebenstehende Kapelle wird auf Abbruch versteigert, einen Teil der Steine verwendet die lutherische Gemeinde in Lützelsachsen zum Bau ihrer Kirche (heute Haus Wintergasse 77). Teile der Kirchenausstattung gehen an die katholische Kirche in Hohensachsen.

1810

 

Das ehemalige Verwaltungsgebäude dient jetzt als Unterkunft für das Bezirksamt (daher die Bezeichnung "Amtshaus"). Als Folge davon wird die zum Amtshausplatz hin offene Galerie im 1. Stock 1811 mit Brettern zugeschlagen.

1904

Das Gebäude beherbergt das Zoll- und Steueramt

1934

 

Die Stadt Weinheim kauft das Gebäude, um der Sammlung des Altertumsvereins ein endgültiges Domizil geben zu können. Der Ausbruch des II. Weltkrieges verhindert jedoch die Eröffnung der neuen Museumsräume. Stattdessen wird der Keller des Gebäudes 1940 als Luftschutzraum ausgebaut und genutzt.

1948

Eröffnung des Heimatmuseums

1955

 

Auf der Suche nach Parkmöglichkeiten in der Innenstadt wird das große Gelände um das Gebäude zum Parkplatz umgestaltet. Die Fundamentreste der alten Kapelle werden beseitigt und die das Deutschordensareal umgebende Mauer und das Portal zur Amtsgasse abgerissen.

1992/93

 

Das Gebäude wird außen renoviert und die originale Farbfassung wiederhergestellt. Das Wappen über dem Eingangsportal wird aufwändig restauriert.

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Die Geschichte des Deutschen Ordens in Hohensachsen verbunden mit der Geschichte der dortigen Pfarrkirche

 

1292

 

Pfalzgraf Ludwig II. überträgt das Patronatsrecht (= Recht, den Pfarrer einzusetzen) für die (alte) Jakobuskirche der Deutschordenskommende Frankfurt.

1423

Erwähnung einer Frühmesse am dortigen Katharinenaltar.

1506-1509

 

Der Streit zwischen dem Deutschen Orden und der Kirchengemeinde um die Baupflicht am Chor wird durch die Vermittlung der Kurpfalz beigelegt: die Baupflicht hat der Deutsche Orden.

1616/17

Eine erneute Instandsetzung des Chores wird notwendig.

1674

Die Jakobuskirche brennt beim Feldzug Turennes aus. Aufgrund wiederholter Streitigkeiten um die Baupflicht verfällt das Gebäude nach und nach.

1729

Der Hoch- und Deutschmeister Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg stiftet ein Ziborium für die Kirche; die Umschrift am Boden des Fußes lautet: "Ex liberima munificientia Rmi. et Smi. Fran. Lud. ArchiEpisc. et Elect. mogunt. Supr. J.O.T. magistri hoc ciborium cum capsella Ecclesiae in Hohesassenheim donatum est. 1730."

1744

Die Erbauung einer Kapelle im Ort wird beantragt; Grund ist der desolate Zustand der alten Jakobuskirche am Berg.

1750

Pfarrer Heinrich Hennsler stürzt auf dem steilen Weg zur Kirche so unglücklich, dass er an den Folgen stirbt.

1762

Die Gemeinde erhält vom Deutschen Orden einen Platz beim Pfarrhaus im Ort zum Bau einer Kapelle.

1766

Der Rohbau der Kapelle ist fertig.

1772

Die jetzige Pfarrkiche wird nach dem Plan von Matthias Morath durch Caspar Seiler erstellt und dem Hl. Jakobus geweiht. Die Kapelle ist wahrscheinlich beim Neubau abgebrochen worden.

1787

Neubau des jetzigen Pfarrhauses (Schlussstein am Gartenportal mit der Jahreszahl "1787"; Schlussstein am Gebäude mit dem Deutschordenskreuz).

1809

Mit dem Abbruch der Deutschordenskapelle in Weinheim kommen Teile der Kircheneinrichtung nach Hohensachsen: Teile des Altars (wahrscheinlich das Gemälde mit der Darstellung der Hl. Dreifaltigkeit), der Kanzelkorb und das Gestühl (heute nicht mehr vorhanden).

 

Die ehemalige Deutschordenskapelle in Weinheim (Amtshausplatz)

Über die genaue Lage der im Jahre 1809 abgebrochenen Kapelle gab es lange Zeit keine Anhaltspunkte. Erst am 17. April 1998 stieß man zufällig bei Erdaushubarbeiten, welche für die Neugestaltung des Museumseingangsbereiches erforderlich waren, auf Fundamentreste unter dem Amtshausplatz. Sie befanden sich dicht unter der Asphaltschicht und wurden freigelegt und dokumentiert.

Die Untersuchung der Mauern ergab, daß die Fragmente dem nordöstlichen Chorbereich der ehemaligen Deutschordenskapelle zuzuordnen sind.

Die Kapelle, deren Chor nach Osten zeigte, war ursprünglich ein Teil der umfriedeten Hofanlage der Deutschordensniederlassung, die sich auf einem großen Grundstück zwischen Amtsgasse, Schlossergasse und Hauptstraße ausdehnte. Ein erhaltener Situationsplan aus dem 19. Jahrhundert gibt noch einen Eindruck von der Größe der ehemaligen Anlage.

In exponierter Lage, an der Ecke Hauptstraße/Amtsgasse (ehemals Kochgasse) befindet sich das Hauptgebäude (heute Museum) mit L-förmigen Grundriß. Es ist der einzige, heute noch erhaltene Bauteil der Hofanlage, der seit 1939 als Museum der Stadt Weinheim genutzt wird 1). Die Nebengebäude, d.h. eine Holzremise, Schweineställe, eine Scheune, ein Pferdestall, eine „Chaisen Remise“ sowie eine Waschküche, sind um zwei Höfe und einen Garten gruppiert 2). Letzter wurde erst im Jahr 1809 angelegt, denn bis zu diesem Zeitpunkt befand sich dort die Deutschordenskapelle 3). Die Nebengebäude wurden zum großen Teil im Zeitraum von 1850 bis 1950 abgetragen. Im Jahre 1955 schließlich, bei der Anlage des Amtshausplatzes, reduzierte man das Grundstück auf seine jetzige Größe. Um genügend Parkflächen schaffen zu können, wurde die Hofmauer abgebrochen, die das Anwesen zur Schlossergasse und Amtsgasse hin abschirmte, und die gesamte Fläche westlich und nördlich des Hauptgebäudes dem Amtshausplatz zugeschlagen. Bei der Umgestaltung des ehemaligen Deutschordens-Grundstückes sind die Fundamentreste der Kapelle wahrscheinlich größtenteils abgetragen worden. 

Die Baugeschichte der Deutschordenskapelle kann aufgrund der geringen baulichen Überreste und anhand der spärlichen Hinweise in den Archivalien lediglich bruchstückhaft rekonstruiert werden. Auskunft über ihre Entstehung gibt eine Inschrifttafel aus rotem Sandstein, die im Erdgeschoss des Flurs im Museum eingemauert ist. Aus dieser geht hervor, daß der Deutschordensmeister Wolfram von Nellenburg die Kapelle im Jahr 1350 errichten und der Gottesmutter Maria weihen ließ. Auf dem Kupferstich von Matthäus Merian ist diese mittelalterliche Kapelle mit einem steilen Satteldach und einem schlanken Turmreiter links neben dem Niedertor dargestellt.

Im Jahre 1710, zu der Zeit, als der damalige Hoch- und Deutschmeister Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg das Kommendengebäude (heute Museum) im Stil des Barocks neu errichten ließ, gab es wahrscheinlich auch Überlegungen, die „alte Kapelle“ umzugestalten und sie stilistisch dem Hauptgebäude anzugleichen 4).  Baumaßnahmen fanden erst um 1720 statt. Aus dieser Zeit existieren verschiedene Entwürfe bezüglich der Neugestaltung der Kapelle 5). Gemeinsam ist allen Plänen, daß eine Barockisierung der ursprünglich gotischen Kirche angestrebt wurde. Auf dem Plan, den der Zimmermeister Peter Elias Berthold im Jahre 1718 anfertigte, ist die Kapelle im Grund- und Aufriß dargestellt.

Demzufolge war der mittelalterliche Bau als einschiffige, kreuzrippengewölbte Anlage mit einem polygonalen Chorbereich und angegliederter Sakristei konzipiert 6). Die Fassade öffnete sich mit elf Maßwerkfenstern. Die Fenster, von denen jeweils vier nach Norden und Süden gerichtet waren und drei in östliche Richtung wiesen, wurden durch einen umlaufenden Fries, der in Höhe der Fensterbänke verlief, miteinander verbunden. Die Glasfenster, die vermutlich um 1530 erneuert wurden, waren mit Ausnahme des nordwestlichen und südwestlichen Fensters doppellanzettförmig und abwechselnd mit einer Fischblase und einem Vierpaß im Bogenzwickel ausgestattet 7). Die westlich gelegenen Fenster hingegen waren schmäler und besaßen lediglich eine Lanzettscheibe.
Keine mittelalterliche Bauweise zeigen die beiden hofseitigen Portale. Sowohl das Ohrengewände des kleinen, im Westen befindlichen, Eingangs als auch die Rahmung des Hauptportals mit Pilastern können stilistisch dem Barock zugeordnet werden. Auch das steile mittelalterliche Satteldach, welches auf dem Kupferstich von Merian sichtbar war, ersetzte Peter Elias Berthold durch ein zeitgemäßes Mansarddach mit kleinen Gaupen, die mit runden Fensteröffnungen versehen waren. Anstelle des schlanken gotischen Dachreiters ziert bei seinem Entwurf ein Polygon mit Welscher Haube und bekrönender Turmspitze das Dach.

 

Ausgestattet war die Kapelle mit einem Altar aus Stein, der sich im Chor befand und einer Kanzel, welche ungefähr in der Mitte der nördlichen Längswand errichtet war. Westlich der Kanzel war ein weiteres Portal angeordnet, durch welches man von der Schlossergasse her in den Innenraum gelangen konnte.
Wie umfangreich die Baumaßnahmen tatsächlich waren, läßt sich anhand der Quellen nicht beantworten. Sicher ist jedoch, daß im Jahr 1721 das Kirchendach einschließlich des Dachreiters erneuert worden ist 8):
„Es haben den 19ten dieses die Maurer undt Zimmerleuth das Kirchendach angefangen abzubrechen undt den 24ten föllig sambt dem thürmlein wiederaufgeschlagen, und die Kirchen würcklich mit Ziegell föllig eingedeckht worden...[...]“
Weiterhin wurden vermutlich im Jahre 1773 Renovierungsarbeiten durchgeführt 9) und für das Jahr 1781 läßt sich nachweisen, daß Steine der Kapelle für die Errichtung einer Gartenmauer verwendet wurden 10).

Beim Umbau des Deutschordenshauses zum Amtshaus zu Beginn des 19. Jahrhunderts sollte die Kapelle sowie die daran angrenzenden alten Gebäude „teils abgetragen und teils passend eingerichtet werden“, um dem Amtshaus die „gehörige gesunde Luft zu verschaffen“ 11). 1809 schließlich wurde die Kapelle und der Sakristeianbau auf Abbruch versteigert und der Altar, die Stühle sowie sonstiges Inventar verkauft 12). Damals gelangten große Teile der Inneneinrichtung an die katholische Gemeinde in Hohensachsen. Einen Teil des Baumaterials hingegen erwarb die lutherische Gemeinde in Lützelsachsen und erbaute damit 1811 ihre Kirche (heute Wohnhaus Wintergasse 77) 13). Zu den einzigen Zeugen der ehemaligen Deutschordenskapelle gehört die bereits erwähnte Bauinschrift, eine gotische Sakramentsnische, welche direkt oberhalb der Inschrifttafel im Flur des Museumsgebäudes eingemauert ist sowie der Grabstein des Ditmar von Tettnang im Foyer.

Silvia Wagner

 

Anmerkungen

  1. Im Museumsgebäude ist seit 1939 die Sammlung des Weinheimer Altertumsvereins untergebracht, nachdem sich dieser 1938 aufgelöst hatte und die Sammlung in städtischen Besitz übergegangen war. Der II. Weltkrieg jedoch verhinderte die Eröffnung des Museums. Statt dessen wurden im Keller Luftschutzräume eingerichtet. 1948 schließlich konnten die Ausstellungsräume der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
  2. Vergl. GLA KA 236/ 7957.
  3. Vergl. GLA KA 236/ 7957.
  4. Vergl. GLA KA 188/ 681.
  5. Es existieren fünf Pläne: 1) Grund-und Aufriß der Kapelle von Peter Elias Berthold, Zimmermeister zu Neckarsulm (1718); 2). Aufriß der Kirche und angebautem Kelterhaus (um 1720); 3). Aufriß von Kirche und angebautem Kelterhaus (um 1720); 4). Aufriß der Kirche , von Wardt (um 1720); 5). Querschnitt durch das Dach und den Dachreiter sowie Aufriß eines Dachreiters, von Wardt (um 1720). Vergl. hierzu GLA KA 188/ 872.
  6. Auch einem Kostenvoranschlag über Malerarbeiten aus dem Jahre 1773 ist zu entnehmen, daß der Innenraum von einem Kreuzrippengewölbe überfangen wurde. Vergl. GLA KA 188/ 681.
    Laut Fresin befand sich unter dem Innenraum noch ein Grabgewölbe. Vergl. hierzu Fresin, 1965, S. 57.
  7. Vergl. Die Kunstdenkmäler des Landkreises Mannheim, 1967, S. 409 -413; Weiß, 1911, S. 551.
  8. GLA KA 188/ 872.
    Vergl. hierzu auch Die Kunstdenkmäler des Landkreises Mannheim, 1967, S. 409.
  9. Vergl. GLA KA 188/ 681 (Überschlag über Malerarbeiten vom 26. Juli 1773).
  10. Vergl. GLA KA 188/ 681.
  11. GLA KA 188/ 35. Bericht des Bauamts und der Gefälleverwaltung über bauliche Veränderungen des Deutschordenshauses zur Umnutzung als Amtshaus.
  12. Vergl. Fresin, 1965, S. 55 - 57; Die Kunstdenkmäler des Landkreises Mannheim, 1967, S. 413 - 415.
  13. Bereits im Jahre 1821 wurde die Kirche zu einem Wohnhaus umfunktioniert und 1840 erwarb es die jüdische Gemeinde, die es als Synagoge nutzte. Vergl. Fresin 1965.

Quellen und Literatur

  • Akten des Generallandesarchivs in Karlsruhe (GLA KA/ Nr. )
  • Die Kunstdenkmäler des Landkreises Mannheim, bearbeitet von Hans Huth, München 1967.
  • Fresin, Josef: Die Geschichte von Lützelsachsen, Weinheim 1965.
  • Weiß, J.G.: Geschichte der Stadt Weinheim an der Bergstraße, Weinheim 1911.