Aute Bode: Ihm verdanken wir die Wachenburg
von Heinz Keller
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Am 13. Januar 1926 beschloss der Gemeinderat, die Straßen im Neubaugebiet Prankel nach den Ehrenbürgern der Stadt zu benennen. Seither gibt es eine Freudenbergstraße, eine Karrillon-, Bissinger-, Friedrich-Vogler-, Bode-, Wienkoop- und eine Brückstraße. Von 1934 bis 1945 gab es im Prankel auch eine Walter-Köhler-Straße, die nach dem badischen NS-Ministerpräsidenten benannte frühere Gartenstraße und heutige Schlossgartenstraße. Aber es gab nie eine Hartmannstraße und noch immer ist der Beschluss des Gemeinderats-Hauptausschusses aus dem Jahre 1949 gültig, „bis zu dem Zeitpunkt, da im Prankel neue Straßen gebaut werden“, die Benennung einer Straße nach Emil Hartmann zurückzustellen.
Mit den Namen Aute Bode, Arthur Wienkoop und Emil Hartmann sind der Bau der Wachenburg und die engen Beziehungen zwischen der Stadt und dem WSC verbunden. Auf August (Aute) Bode, Oberingenieur und Bauunternehmer in Hannover, Erbauer der Harz-Querbahn von Nordhausen nach Wernigerode und der Brockenbahn, gehen zudem die Bemühungen um die Gründung des Allgemeinen Weinheimer Alte-Herren-Verbandes zurück, der die Alten Herren des am 6. April 1863 in Frankfurt gegründeten Weinheimer Senioren Convents (WSC) zusammenführen sollte: „Nicht allein“, wie die WAHV-Gründung in der Festschrift zum 50jährigen WSC-Bestehen 1913 erklärt wurde, „um der froh verlebten Jugend zu gedenken und zusammen zu kneipen, sondern auch, um in ernster Arbeit nötigenfalls dem aktiven WSC den richtigen Weg zu zeigen und ihn in seinen corpsstudentischen Bestrebungen zu unterstützen“.
Der Aufruf von 1896 an die Alte-Herren-Vereinigungen hatte aber auch noch einen anderen Hintergrund: den Gedanken, „den Helden aus den Reihen des WSC, die in dem großen Völkerringen von 1870/71 die Gefilde Frankreichs mit ihrem Blut netzten, ein würdiges Denkmal zu setzen“. Für dieses Ehrenmal sollten Gelder gesammelt werden und es sollte auf der Weinheimer Windeck errichtet werden, wo der badische Staat einen Platz kostenlos zur Verfügung stellen wollte.
Bis zur Gründung des Allgemeinen Weinheimer Alte-Herren-Verbandes unter der Führung seines Initiators Aute Bode vergingen allerdings noch sieben Jahre. Inzwischen hatte Großherzog Friedrich I. von Baden, seit 1806 Besitzer der Windeck, die treuen Dienste seines Berliner Gesandten Siegmund Freiherr von Berckheim mit der Erhebung in den Grafenstand und der Überlassung der Burgruine Windeck belohnt.
Wachenberg statt Windeckhang
Für die Studenten war das eine herbe Enttäuschung, denn das an der Südseite des Schlossbergs erworbene Grundstück erwies sich als ungeeignet für die Verwirklichung des nunmehr dominierenden Burggedankens. WAHV-Vorsitzender Aute Bode drängte deshalb auf einen Burgbau auf dem Wachenberg. Von der Gemeinde Leutershausen, dem Bergbesitzer, wurde ein 4.276 qm großes Grundstück auf 99 Jahre in Erbpacht genommen. Aus dem Ideenwettbewerb von fünfzehn Alten Herren des WSC ging der Vorschlag von Professor Dr.-Ing. Michel zwar als Sieger hervor, er erwies sich von den Kosten her aber als unrealistisch. Der Burgbau sollte nämlich abschnittweise erfolgen. Dafür eignete sich nach Auffassung der Baukommission unter Aute Bode (Saxonieae Hannover) am besten der Entwurf von Professor Arthur Wienkoop (Saxoniae Karlsruhe).
1907 wurde der Grundstein zum Bergfried gelegt, in dem das Ehrenmal entstehen sollte, 1909 wurden Wappentor und Burgschänke geschaffen, 1910 das untere Tor und die Stützmauer, 1912 der Unterbau des Pallas und am 4. Mai 1913 wurde die Wachenburg im Rohbau dem WSC und der Stadt Weinheim zur Nutzung übergeben. Bis dahin hatte das Projekt rund 270.000 Mark gekostet.
Ehrenbürger Bode
Die Einweihung der Wachenburg erfolgte im Rahmen der Pfingsttagung 1913 und der Veranstaltungen zum 50jährigen Bestehen des Weinheimer Senioren Convents. Ihnen voraus ging am 2. Mai 1913 eine Sondersitzung des Weinheimer Gemeinderats. In ihr wurde Oberingenieur Aute Bode „mit aufrichtigem Dank für seine grundlegenden und entscheidenden Verdienste um den Bau der Wachenburg und in besonderer Anerkennung seines auf ein harmonisches Zusammenwirken des WAHV und des WSC mit unserer Einwohnerschaft ausgerichteten erfolgreichen Bemühens“ zum Ehrenbürger ernannt. Bürgermeister Dr. Karl Alexander Wettstein überreichte die Ehrenbürger-Urkunde an Aute Bode, während die Glocken des (alten) Rathauses läuteten.
Aute Bode war nicht nur ein tüchtiger Ingenieur und Unternehmer im Straßen- und Eisenbahnbau, sondern auch ein Mann von glühender Vaterlandsliebe. Er machte als junger Leutnant den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 mit und erwarb das Eiserne Kreuz. 45 Jahre nach seiner Beförderung zum Offizier wurde ihm 1915 von Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg die Silberspange zum Eisernen Kreuz verliehen. Beide Auszeichnungen trägt Bode auf allen offiziellen Bildern. Als fast Siebzigjähriger nahm Bode auch am Ersten Weltkrieg und am Feldzug in Russland teil. Als der Krieg endete, war Bode 72 Jahre alt. Er, dem nationale Begeisterung, Opferfreudigkeit, Tapferkeit und Vaterlandsliebe über alles gingen (Bode-Zitat „Ohne diese großen Tugenden kann kein Mensch, kein Corpsstudent, kein Volk etwas Großes leisten“) konnte den Zusammenbruch Deutschlands und der von ihm ein Leben lang vertretenen Werte nicht verwinden. Seine bis dahin unverwüstliche Spannkraft ließ nach, die Spätfolgen eines Lungenleidens, das er sich im Krieg zugezogen hatte, schwächten ihn. Kurz nach seinem 75. Geburtstag starb Aute Bode am 20. Mai 1921 in der Heilstätte Heidehaus bei Hannover. Bei der Pfingsttagung 1922 wurde eine Büste Bodes im Pallas der Wachenburg feierlich enthüllt. 1931 ließ der WSC Bodes Urne nach Weinheim überführen und in der neuen Ehrenhalle beisetzen. Hier fand auch die Bode-Büste ihre endgültige Aufstellung. Das Corpshaus des Corps Saxoniae Hannover trägt den Namen Aute Bodes.
Lebenswerk Wachenberg
Der „Hannoversche Courier“ widmete Aute Bode („ein gut hannoversches Kind“) einen ehrenden Nachruf: „Als Alter Herr und Ehrenbursch des hiesigen Corps Saxoniae widmete er sich seit seiner Studienzeit unermüdlich der Anerkennung technischer Wissenschaft und der Verfolgung corpsstudentischer Ideale. Er bewirkte den Zusammenschluss der an vielen Orten bestehenden AH-Vereinigungen des Weinheimer Senioren Convents, der Corps der Technischen Hochschulen und Bergakademien, zum Weinheimer AH-Verband, der unter Bodes Führung die herrliche Wachenburg schuf. Die Burg war sein Lebenswerk, wurde eine Sehenswürdigkeit für jeden Besucher von Bergstraße und Odenwald und ein Sinnbild deutschen Corpsstudententums. Der deutschen Technik hat der Verstorbene Anerkennung, den Studierenden Technischer Hochschulen Ansehen verschafft“.
Am 28. Mai 1928 feierten der WSC sein 65jähriges, der Weinheimer Alte Herren Verband sein 25jähriges Bestehen. Im Rahmen dieser Jubiläen wurde unter dem Burghof die neue Ehrenhalle für 714 in den Kriegen von 1870/71 und 1914/18 gefallene Corpsstudenten eingeweiht. 1964 wurde die Liste der Kriegstoten um die Namen von 1.850 Verbandsangehörigen erweitert, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren hatten.
Zwei neue Ehrenbürger
Der Weinheimer Gemeinderat ernannte am 9. Mai 1928 Zivilingenieur Emil Hartmann (Hannover), Mitbegründer des WAHV und nach Aute Bode dessen Vorsitzender von 1914 bis 1918, sowie Professor Arthur Wienkoop (1864-1941), Direktor der Landesbaugewerkschule Darmstadt und Architekt der Wachenburg, zu Ehrenbürgern.
(2021, © www.wnoz.de)